lena mask patient interface fullface luisa hospital

Individuelle Atemgasklimatisierung.

Zwischen Dogmen, Sekretverhalt und übermäßiger Kondensatbildung.

Mit der Entwicklung der HME-Filter („Heat and Moisture Exchanger“) und damit der Möglichkeit der passiven Atemgasklimatisierung vor annährend 50 Jahren ist eine Art Glaubenskrieg über die Art der Atemgasklimatisierung entstanden.

Pro aktive Atemgasklimatisierung.

Die Befürworter der aktiven Atemgasklimatisierung machen auf die Kontraindikationen der HME-Lösungen aufmerksam und verweisen auf die negativen Auswirkungen während der Beatmung in Bezug auf Reduzierung der alveolären Ventilation durch zusätzlichen Totraum, zusätzlichen Strömungswiderstand und erhöhter Atemarbeit im Weaningprozess.

Pro passive Atemgasklimatisierung.

Die Unterstützer der passiven Atemgasklimatisierung führen eine erhöhte Rate an beatmungsassoziierten Pneumonien durch häufige Manipulation an den Beatmungsschläuchen als Nachteil der aktiven Atemgasklimatisierung an. Darüber hinaus ist diese Technik im Gegensatz zur HME-Filter-Technik deutlich teurer und technisch aufwendiger.

Allgemeiner Konsens besteht in der Tatsache, dass eine Atemgasklimatisierung notwendig ist. Bei den intubierten und tracheotomierten Erkrankten werden die oberen Atemwege umgangen. Aus diesem Grund kann der Nasen-Mund-Rachenraum seiner physiologischen Aufgabe der Reinigung und Erwärmung der Einatemluft nicht nachkommen.

Da die Nasenschleimhaut gut durchblutet und feucht ist, wird die Einatemluft durch Verdunstung und Konvektion erwärmt sowie befeuchtet. Bei der Ausatmung erfolgt durch Kondensation Feuchtigkeit, die wieder aufgenommen und gespeichert wird. Bei der nächsten Einatmung kann die gespeicherte Feuchtigkeit abgegeben werden. Kalte und trockene Gase absorbieren einen hohen Anteil der vorhandenen Wärme und Feuchtigkeit. Dies kann zu einer erheblichen Dysbalance des Feuchtigkeitshaushalts der Atemwege führen und die Atemgaskonditionierung erheblich beeinträchtigen.

Sachverhalt bei Maskenbeatmung und
High-Flow-O₂-Therapie.

Auch bei der Maskenbeatmung und High-Flow-O2-Therapie (HFOT) treten die oben genannten Probleme auf. Zwar werden hier die oberen Atemwege (Nasen-Mund-Rachenraum) nicht ausgeschaltet, jedoch führen die hohen Gasflüsse und auch die System- und Mundleckagen regelmäßig zu einer Austrocknung der Atemwege. Bei der HFOT verursacht insbesondere der kontinuierliche hohe Atemgasfluss einen ähnlichen Effekt. Schon nach kurzer Zeit kommt es durch Austrocknung der Schleimhäute zu Störungen der mukoziliären Clearancefunktion mit nachweisbaren feingeweblichen Schädigungen der Ziliar-, Schleim- und Epithelzellen, was eine bakterielle Keimbesiedelung begünstigt.

Die Verlegung der Trachealkanüle oder Hauptbronchien durch zähes Sekret stellt eine besonders gefürchtete Komplikation der Beatmungstherapie dar. Hierdurch kann die Beatmung stark beeinträchtigt werden, was eine schnelle Intervention, beispielsweise durch Absaugen, erforderlich macht. Die Atemgasklimatisierung, mit der die verabreichten Atemgase erwärmt und befeuchtet werden, soll die mukoziliäre Clearance aufrechterhalten und einer Schädigung der Zilien vorbeugen.

Aktive Atemgasklimatisierung.

Bei der aktiven Atemgasklimatisierung werden vielfach Oberflächenverdunster benutzt. Das Inspirationsgasgemisch wird über eine erwärmte Wasseroberfläche geleitet und so mit Wärme und Wasserdampf aufgesättigt. Angestrebt wird eine Atemgastemperatur unterhalb der Tubusspitze von annähernd 37 °C. Die Anforderungen an die Systeme zur aktiven Atemgasklimatisierung sind als Leistungsdaten seit 2009 in einer verbindlichen Norm festgelegt. Danach darf der Wassergehalt der Inspirationsluft 33 mg/l nicht unterschreiten und die maximale Inspirationstemperatur nicht mehr als 42 °C betragen. Bei der individuellen Einstellung des aktiven Atemgasbefeuchters muss nicht nur die bronchiale Sekretsituation des Beatmeten sowie das Kondensat im Schlauchsystem berücksichtigt werden. Umgebungsfaktoren, wie Raumtemperatur, direkte Sonneneinstrahlung, Wärmeabgabe anderer Geräte und die Platzierung des Befeuchters in unmittelbarer Nähe zu Heizung oder Klimaanlage, haben auch einen Einfluss auf die Flüssigkeitsmenge im Beatmungsschlauchsystem.

Ab einer gewissen Menge an Kondenswasser erhöht sich der Strömungswiderstand im Schlauchsystem und erhöht die Atemarbeit des spontanatmenden Erkrankten. Im Extremfall kann es zu gerätebedingten Fehlfunktionen des Beatmungsgerätes kommen. Um dies zu verhindern, werden integrierte Schlauchheizungen verwendet. Hierdurch findet der Feuchtigkeitstransport über die gesamte Schlauchlänge ohne relevanten Temperaturverlust statt. Dadurch kann ein Abkühlen des Gases im Schlauchsystem verhindert werden und signifikante Kondenswasserentstehung findet nicht statt.

Bei dem Einsatz unbeheizter Schlauchsysteme kommt es vielfach zur Ansammlung von Kondensat im Schlauchsystem. Das Wasser wurde regelmäßig durch Entleerung von im Schlauch zwischengeschalteten „Wasserfallen“ entfernt.

Wird der Erkrankte in Ermangelung von nicht nachgefülltem Wasser mit trockenen und warmen Atemgasen längere Zeit beatmet, spricht man vom sogenannten „Sahara-Effekt“, was zu einer Schädigung des Epithels führt. Um dies rechtzeitig zu erkennen, verfügen moderne Befeuchter über einen Wassermangel-Alarm. Ebenso wie zu trockene Atemgase beeinträchtigen auch zu feuchte Atemgase den Beatmeten. Die Auswirkungen reichen von einer Reduzierung der mukoziliären Clearancefunktion über Veränderungen der Oberfläche der Schleimtröpfchen bis hin zu unerwünschtem Abschwemmen kontaminierten Sekretes aus dem oberen Trachealbereich in die tiefen Lungenabschnitte, wodurch sich der Gasaustausch verschlechtert und Infektionen entstehen können.

Passive Atemgasklimatisierung.

Passive Atemgassysteme werden vielfach als „Heat and Moisture Exchanger“ (HME) bezeichnet. Diese sogenannten „künstlichen Nasen“ arbeiten als Wärme- und Feuchtigkeitstauscher. HME entziehen der Ausatemluft des Erkrankten Wärme und Feuchtigkeit, speichern sie reversibel im Innenmaterial und führen sie bei der folgenden Inspiration den trockenen Atemgasen zu. Gleichzeitig wirken diese als Keimbarriere gegenüber Mikroorganismen. Durch die Verwendung von Schlauchheizungen und Verhinderung von Kondenswasser mit der damaligen Notwendigkeit, häufig die Wasserfallen zu entleeren, ist der hygienische Vorteil der HME-Filter nicht mehr vorhanden.

Zumal moderne Atemgasbefeuchter zusätzlich eine individuelle Einstellung des Temperaturprofils ermöglichen. Auch dadurch kommt es zu deutlich weniger Kondensatentstehung. Durch den Aufbau eines HME-Filters und deren Haltbarkeit ist der Einsatz bei Langzeitbeatmung kontraindiziert. Ebenfalls ist der Einsatz von HME-Filtern bei der akuten respiratorischen Insuffizienz als potenziell kritisch anzusehen. Durch den erhöhten zusätzlichen anatomischen Totraum ist die CO2-Auswaschung reduziert und die alveoläre Ventilation vermindert, was beim ARDS nachweislich die Mortalität erhöht. Die Beatmung mit lungenprotektiven Parametern gestaltet sich dadurch auch erschwert. Eine erhöhte Sekretlast sowie tracheobronchiale Blutungen stellen ebenfalls ein Ausschluss für die Verwendung eines HME-Filters dar. Durch die Erhöhung der Atemarbeit ist die Verwendung im Rahmen eines erschwerten Weanings nicht sinnvoll. Zusätzlich zeigen Qualitätsunterschiede verschiedener Hersteller einen Einfluss auf die Beatmung.

Der erhöhte Strömungswiderstand des HME-Filters steigert erheblich die notwendige Atemarbeit der Patientinnen und Patienten. Ideal sind HME-Filter mit Strömungswiderständen von kleiner 2 mbar bei einem Flow von 60 Litern in der Minute.

Eine eindeutige Empfehlung für oder gegen den Einsatz von passiven oder aktiven Systemen ist aufgrund der derzeitigen Datenlage nicht gegeben. Vielmehr bedarf es einer Abschätzung der geplanten Einsatzdauer, der aktuellen Situation der Lunge und möglicher Kontraindikationen von HME-Filtern. Der gleichzeitige Einsatz von patientennahen Filtern in Kombination mit der aktiven Befeuchtung schließt sich aus.

Fazit

Die individuelle Atemgasklimatisierung ist ein wesentlicher Baustein der Beatmungstherapie. Durch technische Innovationen konnten sich in den letzten Jahren zunehmend die aktiven Atemgasbefeuchter etablieren. Die Einstellung von individuellen Temperaturprofilen, Schlauchheizungen sowie die Alarmierungstechnik relativieren die Hauptkritikpunkte dieser Systeme.

Finden Sie Ihr Schlaf-Atem-Zentrum.
E-Mail: info@loewensteinmedical.com
Telefon: +49 2603 9600-0